Father Mother Sister Brother

Dieses neueste Werk des Regisseurs Jim Jarmusch habe ich im Zuge der Österreich-Premiere auf der Viennale gesehen. In drei abgetrennten Episoden werden jeweils Familienverhältnisse dargestellt, wobei jeweils eine Person im Fokus der Betrachtung ist.

„Father“, der erste Akt, zeigt einen alleine am Land lebenden Mann, der Besuch seiner zwei Kinder empfängt. Man erlebt bereits die Anreise der Kinder mit, als die zwei sich über den zu erwartenden Besuch und über die Marotten ihres Vaters austauschen. Als die Kinder vor Ort sind, verläuft die Konversation in der Familie eher schleppend. Es handelt sich um den jährlichen Pflichtbesuch, und das spürt man. Trotzdem oder gerade weil man sich so gut wie nie sieht, spricht man über Banalitäten und schaut zwischendurch schweigend in die Gegend. Die einzige Spannung, die aufkommt, entsteht durch die Widersprüche des Verhaltens des Vaters seiner Kinder gegenüber, sowie mancher Handlungen von ihm, wenn sie dann endlich gehen. Es wirkt so, als würde der Vater seinen Kindern gegenüber seine Hilflosigkeit und Armut nur spielen – das herrschende Chaos in seiner Hütte räumt er dann gleich auf, die schäbige Decke über der neuen Ledercouch räumt er wieder weg.

„Mother“, der zweite Akt, ist in gewisser Hinsicht ähnlich. Auch wenn die Marotten und die Charaktere gänzlich andere sind, so ist das Verbindende die Dysfunktionalität der Beziehungen. Hier sind es zwei erwachsene Töchter, die zum jährlichen Tee bei ihrer erfolgreichen, alleinstehenden Mutter zu Besuch sind. Die beiden Töchter könnten unterschiedlicher nicht sein – die eine wirkt zugeknöpft, bieder und auf beruflichen Erfolg getrimmt. Die andere ist queer und etwas hipper, ist hauptsächlich auf Instagram und kann mit dem ganzen Besuch so gar nichts anfangen. Ihren Familienmitgliedern hingegen lügt sie etwas von einer Beziehung mit einem erfolgreichen Mann vor, der ihr angeblich den Heiratsantrag gemacht hätte. Und die Mutter? Sie wickelt den Besuch sicher am souveränsten ab, aber auch sie ist froh, als das Ganze wieder vorbei ist.

„Sister Brother“, der dritte und letzte Akt, ist von allen der angenehmste und hoffnungfroheste Part des Films. Auch vom grundsätzlichen Setting unterscheidet er sich deutlich von den beiden anderen Teilen, denn hier sind die Eltern nicht mehr am Leben – sie sind beide durch einen Flugzeugabsturz kürzlich ums Leben gekommen. Diese Tatsache ist auch der Grund, warum sich die beiden Geschwister, es handelt sich um Zwillinge, treffen und sich nun damit auseinander setzen müssen. Es macht einen immensen Unterscheid, wenn eine Beziehung schwingt, wenn zwei Menschen miteinander kommunizieren können – und das erleben wir mit den Zwillingen hier zum Schluss. Auch diese beiden führen zwar mittlerweile separate Leben, aber sie wissen voneinander, sind aufrichtig zueinander. Die gemeinsame Beschäftigung mit ihren Eltern gibt dem ganzen eine sentimentale, aber auch mysteriöse Note – denn im Zuge dessen kommen sie drauf, dass ihre Eltern geheime Seiten in ihrem Leben hatten, die sie ihren Kindern verschwiegen hatten.

Der Regisseur hat sich dafür entschieden, einige „running gags“ und seltsame Parallelen in die drei Geschichten einzubauen. So werden in allen Akten zB die selben ungewöhnlichen Phrasen verwendet (zB „Bob’s your uncle“). Am Wesentlichsten scheint mir die Anfälligkeit der Protagonisten für Täuschung – der Vater der vorgibt, arm zu sein; die Tochter die von einem angeblichen Heiratsantrag spricht, während sie in Wirklichkeit queer ist; sowie die Eltern die gemeime Identitäten vor ihren Kindern verschweigen.